An die
Mitgliedsvereine sowie die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
des Württembergischen Fußballverbandes


3. April 2020


Auswirkungen der Infektionen mit dem Coronavirus auf den Fußball

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Fußballfreundinnen und Fußballfreunde,
seit etwa Anfang März erleben wir in Folge der stetig ansteigenden Infektionszahlen mit dem Coronavirus tiefgreifende Einschnitte in unser aller Leben, wie wir sie davor kaum für möglich gehalten hätten. Bundesweit gibt es erhebliche, aber auch notwendige Einschränkungen, die viele Bereiche unseres Alltags betreffen und selbstverständlich auch vor dem Fußball nicht Halt machen. Baden-Württemberg und damit auch unser Verbandsgebiet sind besonders stark betroffen. In allen unseren Spielklassen ruht deshalb zwischenzeitlich der Ball, und das zu einem Zeitpunkt des Jahres, zu dem sonst üblicherweise alle Wettbewerbe in die entschei-dende Phase treten.

Die Ereignisse der letzten Wochen stellen Sie und Ihre Vereine, letztlich aber auch uns als Verband vor große Herausforderungen. Wir möchten deshalb versuchen, Ihnen Antworten auf drängende Fragen zu geben, soweit wir es können. In einigen Bereichen ist uns das aber auch nicht möglich. Das betrifft vor allem die Wiederaufnahme des Spielbetriebs. In diesen Fällen wollen wir dann aber erklären, weshalb wir uns noch nicht festlegen können. Ebenso möchten wir Ihnen einen Einblick geben, welche Aspekte wir zu berücksichtigen haben.
Vorausschicken möchten wir außerdem, dass wir – über die nachstehenden Ausführungen hinaus – auf unserer Homepage unter www.wuerttfv.de einen Servicebereich zu allen Fragen im Zusammenhang Corona eingerichtet haben, den wir laufend aktualisieren.

1. Spielbetrieb
Derzeit ist der Fußballspielbetrieb bundesweit auf allen Ebenen ausgesetzt, und auch der Trai-ningsbetrieb steht still. Im wfv-Verbandsgebiet war es erforderlich, den Spielbetrieb zunächst bis zum 19.04.2020 einzustellen. Wir haben Sie darüber bereits am 17.03.2020 informiert und dies mit dem Hinweis verbunden, dass die Wiederaufnahme nur unter Berücksichtigung einer Vorankündigungsfrist von 14 Tagen erfolgen wird.

a) Aussetzung des Spielbetriebs bis auf Weiteres
Zwischenzeitlich müssen wir aber davon ausgehen, dass sehr wahrscheinlich aufgrund der eingetretenen Entwicklungen auch direkt nach Ende der Osterferien ab dem 20.04.2020 leider noch nicht wieder gespielt werden kann. Deshalb haben wir entschieden, vor dem Hintergrund der jeweiligen staatlichen Verfügungslagen
den Spielbetrieb bis auf Weiteres auszusetzen.
Die zeitlich unbefristete Aussetzung ist erforderlich, weil im Moment niemand sagen kann, wann es wieder möglich sein wird, Fußball zu spielen. Es bleibt deshalb auch unverändert bei der
Vorankündigungsfrist von 14 Tagen,
so dass Sie dann noch etwas Zeit haben, sich darauf einzustellen. Diese Entscheidung ist zum einen deshalb erforderlich, weil die Rechtslage – hier konkret die Rechtsverordnung des Lan-des Baden-Württemberg – uns gar keine andere Möglichkeit lässt. Zum anderen sind wir aber auch überzeugt, dass der organisierte Fußball selbstverständlich seinen Beitrag leisten und insofern alles unterlassen muss, was ein Ansteigen der Infektionszahlen begünstigt. Deshalb ist nach der aktuellen Rechtsverordnung in Baden-Württemberg auch der Mannschaftstrai-ningsbetrieb nicht erlaubt.

b) Saisonabbruch oder -fortsetzung

Uns erreichen in diesen Tagen – verständlicherweise – auch zahlreiche Anfragen dazu, ob die Saison 2019/20 abgebrochen wird oder welche Szenarien denkbar sind, um sie noch sportlich zu beenden. Unsere ehrliche Antwort ist: Wir können dazu im Moment keine Aussage treffen. Erklären können wir aber, weshalb eine vorzeitige endgültige Beendigung der Saison zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Betracht kommt. Solange es noch möglich erscheint, sämtliche Meisterschafts- und Pokalspiele auszutragen und so insbesondere auf sportlichem Wege Auf- und Absteiger zu ermitteln, sind wir rechtlich daran gehindert, Vereinen vorschnell diese Chance zu verbauen, indem wir irreversible Entscheidungen treffen. Denn abhängig von der jeweiligen Spielklasse haben zumindest einzelne Vereine erheblich investiert und finanzielle Mittel eingesetzt, um die selbstgesteckten sportlichen Ziele zu erreichen. Wir sind daher in der Pflicht, alle Möglichkeiten auszuloten und abzuwarten, ob sich noch ein Zeitfenster öffnet, das uns die Chance gibt, die Saison regulär zu beenden. Eine andere Entscheidung wäre mit er-heblichen Haftungsrisiken verbunden.
Leider wissen wir aber bereits jetzt, dass am Ende Entscheidungen zu treffen sein werden, die für einzelne Vereine besondere Härten darstellen. Es zeichnet sich außerdem ab, dass eine vielfach geforderte bundesweit einheitliche Vorgehensweise schwierig werden wird. Dies liegt an unserer föderalen Struktur und unter anderem daran, dass die Sommerferien zu sehr un-terschiedlichen Zeitpunkten beginnen. So ist in einzelnen Landesverbänden eine Verlänge-rung der Saison – ggf. sogar über den 30.06. hinaus – denkbar, in anderen nicht. Durch die Verschiebung der EURO auf das Jahr 2021 gibt es zumindest erweiterte Spielräume. Der Fö-deralismus kann auch eine Stärke sein, weil jeweils vor Ort unter den gegebenen Bedingungen die bestmögliche Lösung gefunden werden kann.

c) Oberligen Baden-Württemberg (Herren, Frauen, Jugend)

Die vorstehenden Ausführungen gelten für den Spielbetrieb der Oberligen Baden-Württem-berg nach den Beschlussfassungen der drei baden-württembergischen Fußballverbände ent-sprechend.

2. Rechtliche Fragen
a) Arbeitsrecht

Auch die mit der aktuellen Situation einhergehenden Rechtsfragen sind vielfältig, komplex und treten in dieser Form zum Teil erstmals auf. Mit dem Ruhen des Spielbetriebs stehen insbe-sondere die Vereine mit bezahlten Spielern, Trainern und anderen Mitarbeitern vor der Frage, welche arbeitsrechtlichen Handlungsspielräume bestehen, um hier zu reagieren. Gibt es Mög-lichkeiten zur Kurzarbeit, zu Gehaltskürzungen oder gar zur Kündigung, wenn Vereine exis-tentiell bedroht sind? Wir tragen dazu Antworten der Wissenschaft, von Anwälten und Juristen der Sportbünde und Fußballverbände zusammen und stellen diese auf unserer Homepage bereit. Vieles ist dabei noch im Fluss und kann erst nach und nach beantwortet werden. Das Serviceangebot wird deshalb laufend aktualisiert.
Um aber keine falschen Erwartungen zu wecken: Im konkreten Fall wird es dennoch unum-gänglich sein, anwaltlichen Rat einzuholen. Wir bitten um Verständnis, dass wir nicht individu-ell rechtlich beraten können. In vielen Konstellationen sind die Interessenlagen zudem gegen-läufig, so dass wir uns auf die Darstellung der rechtlichen Argumente beschränken wollen und müssen.

b) Verbandsrecht

Aktuell arbeiten wir auch an Anpassungen der verbandsrechtlichen Rahmenbedingungen und bereiten Änderungen unserer Ordnungen vor. Wir werden insbesondere im Vereinswechsel-recht (Transferperioden und Wartefristen) sowie bei den Regelungen für den Insolvenzfall An-passungen vornehmen müssen, um der aktuellen Situation gerecht zu werden und den Spiel-betrieb nicht zu gefährden. Wir werden diese zeitnah beschließen und dann unverzüglich ver-öffentlichen.

c) Gesetzliche Änderungen

Auch der Gesetzgeber hat zwischenzeitlich reagiert und unter anderem das Insolvenz-, das Miet- sowie das Vereinsrecht kurzfristig angepasst. So sind außerordentliche Kündigungen von Mietverhältnissen aufgrund eines Zahlungsverzugs wegen der Corona-Krise bis Juni 2020 ausgeschlossen. Die Insolvenzantragspflicht wird bis mindestens 30.09.2020 ausgesetzt, wenn die Insolvenzreife auf die Ausbreitung des Coronavirus zurückzuführen ist. Und im Ver-einsrecht gibt es zahlreiche Änderungen, die dem Umstand Rechnung tragen, dass Mitglie-derversammlungen derzeit nicht in der gewohnten Art und Weise stattfinden können. Alle Än-derungen sollen zur Stabilisierung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse bei-tragen – profitieren können davon selbstverständlich auch Vereine.

3. Finanzielle Unterstützung

In einzelnen Fällen wurde zwischenzeitlich von Vereinen auch der Wunsch nach einer direkten finanziellen Unterstützung an uns herangetragen. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Sol-chen Erwartungen können und dürfen wir nicht gerecht werden.
Es ist uns zum einen steuerlich und aus anderen rechtlichen Gründen nicht möglich, Mitglieds-vereine durch direkte Zuwendungen unmittelbar zu bezuschussen. Zum anderen geht es aber auch wirtschaftlich nicht. Bei rund 1.700 Mitgliedsvereinen würde das unsere finanziellen Mög-lichkeiten bei Weitem übersteigen. Mit der Aussetzung des Spielbetriebs sind auch für uns als Verband erhebliche finanzielle Einbußen verbunden, die wir im Moment noch nicht beziffern können, da wir nicht wissen, wann wieder gespielt werden kann. Es betrifft dies vor allem Einnahmen aus den Spieltagsabgaben der 2. Bundesliga und 3. Liga, aber z. B. auch Erlöse aus unserer Sportgerichtsbarkeit und dem Sponsoring.
Finanzielle Unterstützung ist aber unter bestimmten Voraussetzungen von staatlicher Seite zu erlangen. Bund und Land haben Rettungsschirme auf den Weg gebracht, von denen auch Vereine profitieren können, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Zu nennen ist hier ins-besondere das beschlossene Soforthilfepaket in Höhe von 50 Milliarden Euro für Kleinstunter-nehmen und Soloselbstständige. In Baden-Württemberg können nach den beschlossenen Förderkriterien u.a. auch selbstständige Trainerinnen und Trainer entsprechende Anträge stel-len. Unter www.bw-soforthilfe.de finden Sie weitere Informationen und Hinweise zur Antrag-stellung. Über diese und andere wichtige Fragestellungen können Sie sich zudem auf der Homepage des Landessportverbandes Baden-Württemberg (LSVBW) informieren.
Erfreulicherweise gibt es zwischenzeitlich aber auch sehr konkrete Zusagen der Landesregie-rung an den Sport und das Ehrenamt. Das Kultusministerium wird im Einvernehmen mit dem LSVBW nicht abgerufene deckungsfähige Fördermittel aus dem Solidarpakt Sport lll zielge-richtet einsetzen, um Vereinen, die in existenzielle Not geraten oder sich besonderen Härten gegenübersehen, weitere Hilfen für den Fall anbieten zu können, dass die Rettungsschirme nicht greifen. Darüber hinaus gibt es Überlegungen zur Einrichtung eines Solidarfonds.

4. Medizinische Hinweise

Antworten auf medizinische Fragen zum Umgang mit dem Corona-Virus geben unter anderem zwei Dokumenten, die der DFB und das Robert Koch Institut (RKI) zur Verfügung stellen. Es sind dies:
Empfehlungen zum Umgang mit dem Corona-Virus in den Vereinen der Profiligen von Prof. Dr. Tim Meyer, Teamarzt der Nationalmannschaft
Merkblatt des RKI für Betroffene und Kontaktpersonen „Coronavirus-Infektion und häusliche Quarantäne“
Beide Dokumente stehen auf unsere Homepage zum Download bereit. Weitere Antworten auf allgemeine medizinische Fragen zum Corona-Virus finden sich auf der Homepage des Robert Koch Instituts.
Wir hoffen, dass Ihnen diese Informationen helfen und etwas Klarheit verschaffen. Über alle weiteren Entwicklungen, die für den Fußball von Belang sind, werden wir Sie jeweils zeitnah informieren. Für heute bleibt uns nur, Ihnen persönlich und Ihren Vereinen zu wünschen, dass Sie gut durch diese schwierigen Zeiten kommen. Wir wollen als Fußballfamilie unseren Beitrag dazu leisten, dass die weitere Ausbreitung der Infektionen so gut wie möglich verlangsamt wird.
Und bei aller Begeisterung für unseren Sport wollen wir nicht vergessen, dass es wichtigere Dinge gibt und derzeit in vielen anderen Bereichen wirklich existentielle Fragen beantwortet werden müssen. Es werden sicher wieder Zeiten kommen, in denen der Fußball und die Ver-eine mit ihrer gemeinschaftsstiftenden Funktion eine wichtige gesellschaftliche Rolle spielen werden, vielleicht eine wichtigere denn je. Bereiten wir uns darauf gemeinsam gut vor.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Schöck Frank Thumm Ralf Gabriel
Präsident Hauptgeschäftsführer Geschäftsführer